Gelungener Auftakt der Ringvorlesung – Julian Nida-Rümelin zur Krise beruflicher und akademischer Bildung

Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin und Ulla Dieckmann

18. April 2016

Einen erfolgreichen Auftakt hatte die von der Arbeitsgemeinschaft für Bildung der Oberbayern SPD ausgerufene Ringvorlesung „Bildung in Bayern“. Am 02. März referierte der ehemalige Staatsminister Prof. Julian Nida-Rümelin in der städtischen Berufsschule für Recht- und Verwaltungsberufe München-Messestadt zur Krise beruflicher und akademischer Bildung vor interessiertem Publikum.

Die duale Ausbildung in Deutschland gilt als internationales Erfolgsmodell und dennoch gibt es einen Trend zur zunehmenden Akademisierung der Berufsausbildung. Die Zahl der Studierenden steigt seit Jahren kontinuierlich an. Nichtsdestotrotz ist Deutschland im internationalen Vergleich mit einer Akademisierungsquote von 17% ein Land mit vergleichsweiser geringer Akademisierungsquote. Während allerdings in Deutschland die Akademisierungsquote i.d.R. Studenten von forschenden Einrichtungen erfasst, sind in den USA (Akademisierungsquote von mehr als 40%) 83% der Studierenden an Einrichtungen, bei denen keine Forschungsprojekte durchgeführt werden, die also aus europäischer Sicht kaum zu einer akademisierten Ausbildung gezählt werden würden. Die entsprechenden Statistiken der OECD zu Akademisierungsquoten seien demnach von einem amerikanisch-ideologischen Bildungsparadigma geprägt und schwerlich von Aussagekraft über die Qualität der deutschen Bildungslandschaft. Das zunehmende Streben nach einer pauschalen Erhöhung der Akademisierungsquote sei demnach ein Trugschluss. „Wir müssen aufhören, nicht-akademische Berufe abzuwerten“, so Nida-Rümelin. Nida-Rümelin kritisierte auch, dass es der deutschen Bildungspolitik an einer „kulturellen Leitidee“ und der Diskussion dieser fehle. Bei Themen wie G8/G9 oder der Bologna-Reform „haben wir keine Diskussion geführt, es gab keine Debatte“. Die hochmodularisierten Studiengänge als Ergebnis der Bologna-Reform nehmen den Studenten „Zeit nachzudenken“. Das Ideal der humanen Bildung gerate zunehmend aus dem Blickfeld. Ein gutes Bildungssystem, so Nida-Rümelin, müsse sich an verschiedenen Punkten messen lassen. Zum einen daran, wie gut der Übergang zwischen verschiedenen Bildungslebensphasen eingepasst ist. Ein guter Indikator dafür sei beispielsweise die Jugendarbeitslosigkeit. So zeigt sich, dass vor allem Länder mit einer niedrigen Akademisierungsquote und einer starken beruflichen Bildung nur geringe Jugendarbeitslosigkeit aufweisen. Auch ist es entscheidend, welchen Raum der Persönlichkeitsbildung im System eingeräumt wird. Potentialförderung statt Separierung und Stigmatisierung seinen für Schüler entscheidend. Im Anschluss an die Ausführungen von Julian Nida-Rümelin war Raum für Nachfragen und Statements aus dem Publikum.

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